Dandy von Jan Guillou

Im Jahr 2011 begann Jan Guillou sein anspruchsvolles Buchprojekt „Das große Jahrhundert“ (Det stora århundradet) mit dem Band „Brobyggaren“ (dt: Die Brückenbauer, 2012). Über dieses Buch habe ich bereits eine kurze Rezension gebloggt.

Der Start der Reihe machte die Leser mit den drei norwegischen Brüdern Lauritzen bekannt. Die technische Begabung der Halbwaisen Lauritz, Oscar und Sverre führt die drei zum Studium der Ingenieurswissenschaften nach Dresden. Anstatt die in alle drei gesetzten Erwartungen zu erfüllen kommt nur Lauritz zurück, um beim Bau der Bergenbahn in Norwegen sein neu erworbenes technisches Wissen einzusetzen. Oscar flüchtet einer tragischen Liebesgeschichte wegen nach Afrika, während Sverre seinem Geliebten nach Großbritannien folgt. Der erste Band erzählt im Stil einer Abenteuergeschichte, die zwischen Karl May und Jules Verne angesiedelt ist, die Geschichte von Lauritz und Oscar bis zum Ende des ersten Weltkriegs. Sverre taucht nach seinem Verschwinden in Dresden in diesem Roman nicht mehr auf.

gdb

Dafür ist ihm der zweite Band der Serie mit dem Titel „Dandy“ (dt. Die Brüder, 2013) gewidmet.  Sverre ist der künstlerisch veranlagte der drei Brüder. Er wird im Roman Teil der Bloomsbury Group, eines Zirkels britischer Intellektueller, die in der Zeit von 1905 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs bedeutenden Einfluss auf das kulturelle Leben Großbritanniens hatten. Einige der prominentesten Mitglieder waren Virginia Woolf, E.M. Forster, Lytton Strachey, Vanessa Bell, Roger Fry, Dora Carrington und John Maynard Keynes.

Mit der Unterstützung seines Geliebten Albert, des dreizehnten Lords von Manningham, gelingt es Sverre sein Talent für die Malerei zu vervollkommnen und zu einem respektierten modernen Künstler zu avancieren. Wie schwierig die Situation für Homosexuelle an sich war, wird in einem kurzen Seitenblick auf Oscar Wildes Prozess und dessen zweijährige Haft sichtbar. Großbritannien zu jener Zeit war weder für Künstler die auf der Suche nach der Moderne waren, noch für homosexuelle Menschen ein offenes Land. So galt es, eine bürgerliche Fassade aufrecht zu erhalten, sobald man die Häuser und Wohnungen im Londoner Stadtteil Bloomsbury verließ.

Wie auch für die beiden anderen Brüder, wird der Erste Weltkrieg für Sverre zu einem schicksalshaften Ereignis und ihm wird deutlich bewußt auf welch wackeligen Beinen sein Lebensentwurf steht.

Während der erste Band die rasante Entwicklung der Technik – inklusive der Mordmaschinerie des Ersten Weltkriegs – plastisch schildert, so führt der zweite Band den Leser / die Leserin in die Welt der britischen Literatur, des Theaters und des Dandytums im beginnenden zwanzigsten Jahrhundert ein.

Guillou gelingt es auch in diesem Buch die Erlebnisse seines Hauptdarstellers lebendig zu schildern. Wem der erste Band gefallen hat, der wird auch mit dem zweiten Band seine Freude haben. Meine Vorfreude auf den dritten Teil der Reihe ist auf jeden Fall geweckt.

Hier ist der Link zu allen schwedischsprachigen Ausgaben (z.B. Pocket, e-book, usw.) und hier zur deutschsprachigen Übersetzung.


Hinterlasse einen Kommentar